Udo Kraus

Udo Kraus
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Udo Kraus – Ziegelhäuser Politiker und „Anwalt der Armen“

Udo war der älteste von vier Geschwistern der Familie Kraus aus der „Villa Berg“ in der Heinrich – Stoess – Straße (heute Kleingemünder Straße). Die Krausens stammten aus Heidelberg und Vater Kilian ernährte die Familie als Buchhalter. Udo wurde am 31.5.1924 in Heidelberg geboren und besuchte nach der Grundschule die Heidelberger Philip – Lenard – Oberrealschule (heute Helmholtz-Gymnasium), wo er 1942 ein dem Krieg geschuldetes Not – Abitur absolvierte. Von 1942 bis 1945 war er Soldat, später im Offiziersrang. Ein Leben lang haften blieb, dass er in Rußland verschüttet und erst spät mit knapper Not gerettet werden konnte. 

Nach Kriegsende war Udo Kraus ein junger Mann von 21 Jahren, der nun seine Berufsausbildung begann. Das Studium in Heidelberg blieb ihm auf Anordnung der amerikanischen Besatzungsmacht versagt, weil er als Offizier der Wehrmacht  anfänglichen Restriktionen unterlag. 
Er begann deswegen sein Studium der Rechtswissenschaften an der Mainzer Universität und schloss es  mit dem ersten juristischen Staatsexamen ab. Referendariat und zweites Staatsexamen folgten. Einer Anekdote zufolge kostete ihn diese Prüfung zusätzlich über 100 DM, weil er mit dem Taxi zum Prüfungsort Stuttgart fahren musste, da die Bundesbahn technische Probleme hatte. Für die folgenden 6 Jahre arbeitete er im ersten Teil seines Berufslebens als Gerichtsassessor, als Amtsgerichtsrat ab 1960 in Heidelberg und Mannheim. Oberjustizrat wurde er 1967. 

1955 gaben sich Udo und Emmi aus dem schönen Pfälzer Maikammer das Ja-Wort, doch leider blieb die Ehe kinderlos. Die Schweizer Gebirgswelt und das Fichtelgebirge entwickelten sich zu den bevorzugten Urlaubs- und Wanderzielen der beiden.

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Die nebenstehende Fotografie bei der Brückeneinweihung 1954 in Ziegelhausen dokumentiert seine Zugehörigkeit zum Ziegelhäuser Gemeinderat, ein Ehrenamt, das er sehr lange bekleidete – bis über die Eingemeindung 1975 hinaus. (In der Mitte der damalige OB von Heidelberg Neinhaus, rechts daneben Alex Rausch, Bürgermeister von Ziegelhausen, im rechten Hintergrund Udo Kraus)
Sein Hobby war der Handballsport bei der TSG Ziegelhausen wo er als Verteidiger seine Feldhandballmannschaft lautstark und mitunter rigide dirigierte, aber öfter mit deutlichem Widerspruch seiner Mitspieler, der natürlich hinter nach Training oder Spiel beim Bier keine Rolle mehr spielte. Udo Kraus besaß weder Auto noch Führerschein, dafür war er oberster Lokführer und Betriebsingenieur seiner großen Modellbahnanlage, die er ausladend in sein neues Haus in der Schönauer Straße aufbaute. Der Blick aus dem Fenster ist einer der schönsten Neckartalblicke in Ziegelhausen.
Zudem war er lange Jahre Ältester in der evangelischen Kirche.

„Anwalt der Armen“ – war dies übertrieben?

Kaum – denn Udo Kraus war ein Glücksfall für viele Ziegelhäuser. Er vereinte juristisches Fachwissen, Politikerfahrung und Nahbarkeit als „Kumpel“ in seiner Person. Man ging zum „Budding“ (Pudding - Überbleibsel aus seiner Zeit als Schüler und seiner Nähe zur gleichnamigen Milchspeise) und erhoffte sich und bekam meist Hilfe – bei Behördenproblemen, sozialen Schwierigkeiten, und vielem anderem mehr. Udo Kraus kannte viele Küchentische in Ziegelhausen und half auch im speziellen Fall bei der Beantragung eines Studienstipendiums des Autoren. Bei den "Münchelfesten" der SPD in Ziegelhausen war er unverzichtbar.

In Ziegelhausen bestand dafür eine enge Kooperation mit der „Lichtgestalt“ der Arbeiterwohlfahrt, Berta Steinbächer (SPD), ebenfalls im Gemeinderat und seinem Freund Hugo Pettirsch, später Landesgeschäftsführer der SPD. Udo achtete auf Strukturen, war sehr belesen, akkurat und vielschichtig – Eigenschaften, die ihm in seinem zweiten Berufsabschnitt als Notar bzw. Notariatsdirektor in Wiesloch sehr halfen. Doch ab 1968 zog es ihn auch in die Landespolitik: Er wurde als Abgeordneter im Landtagswahlkreis Heidelberg-Land gewählt. ab 1972 zu einem Zeitpunkt, ab dem die CDU für 8 Jahre mit absoluter Mehrheit regierte. Dies ist insofern interessant, weil die vorher in Großer Koalition mitregierende SPD nun in Opposition stand, besonders bei Inhalten und Streitfällen bei der Kreis- und Gemeindereform, konkret bei Eingemeindungen, einem Komplex, den die SPD in Person ihres Innenministers Walter Krause eigentlich hauptsächlich angestoßen hatte.

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Kraus - Bender - BM Bollschweiler

 

Dies wurde nun für Ziegelhausen und seinen Abgeordneten Udo Kraus zum alles überlagernden Thema. Udo Kraus und andere SPD – Abgeordnete der Region wollten über mehrere Anträge im Landtag die drohende Eingemeindung nach Heidelberg verhindern. Trotz zwischenzeitlicher Teilerfolge hingegen fiel im Februar 1974 die Tür zu weiterer Selbständigkeit durch Beschluss der Landesregierung und der CDU – Mehrheitsfraktion zu. (Landesjustizminister Bender – 1973 zufällig in Ziegelhausen – von Udo Kraus und BM Bollschweiler flankiert.) Aufgrund seines Berufes und seines sozialen Engagements kümmerte sich Udo Kraus im Landtag weiter um Rechtsthemen und soziale Themen. Dafür erhielt er 1984 aus den Händen von Lothar Späth den Verdienstorden des Landes. Das Bundesverdienstkreuz Kl. I wurde ihm ebenfalls verliehen. Im Jahr 1976 erhielt er im neuen Landtagswahlkreis Sinsheim wiederum ein Mandat, das er bis 1980 innehatte. Seine Tätigkeit als Notariatsdirektor übte er bis zu seinem allzu frühen Tod am 28.8.1987 aus.

Quellen: Emmi Kraus, Ehefrau, Ziegelhausen; Kaete Illing. Schwester, Heidelberg; Frank Illing, Neffe; Stadtarchiv Heidelberg; Generallandesarchiv Karlsruhe.

Klaus Fanz

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