Wo kommt das Ziegelhäuser Wasser her?
Spaziergang am 24.10.20 zum Thema „Wasserversorgung Ziegelhausens“
Nach mehreren trockenen Jahren und besonders in diesem Jahr 2020 sind die Folgen des Klimawandels nun für alle spürbar.
Einige Odenwaldgemeinden, z.B. Neckarsteinach meldeten in diesem Sommer Wasserknappheit und mahnten zum Wassersparen, um die Trinkwasserversorgung sicherzustellen. Vermehrt gibt es den Ruf nach Anschluß an die sog. Bodensee-Wasserversorgung, das größte Trinkwasser-Reservoir Süddeutschlands. Dies sei jedoch auch deshalb keine Lösung, da der kleine Rohrdurchmesser bei Neckargemünd den Anschluß von Heidelberg gar nicht zulasse.
Reservoir Köpfel
Hochbehälter Büchsenacker
Aus diesem aktuellen Anlaß wollten wir als Fußwege-Initiative einmal die Wasserversorgung Ziegelhausens kennenlernen.
In Herrn Dipl. Ing. Markus Morlock von den Stadtwerken Heidelberg,
Technischer Betriebsführer Trinkwasserversorgung Heidelberg, hatten wir den kompetenten Mann zum Thema und zudem einen äußerst engagiert und kurzweilig Vortragenden gewinnen können.
Die erste Information löste ausgesprochene Freude aus:
- - Ziegelhausen wird zu 100% mit Weichwasser versorgt (neben den Stadtteilen Schlierbach und Handschuhsheim)
- - und die 4 Ziegelhäuser Quellen, die ca. 60% des benötigten Wassers liefern, schütten trotz Trockenheit bisher ausreichend (40% des Wassers für Ziegelhausen liefert die Brunnen des Wasserwerks Schlierbach, ebenfalls ausschließlich Weichwasser und versorgt damit wesentlich die unten liegenden Bereiche Ziegelhausens)
Die Wasserversorgung bildet ein komplexes System:
- - 10 von insgesamt 34 Wasserbehältern Heidelbergs liegen im Ziegelhäuser Gebiet,
- - 4 von den 7 noch aktiven Quellen liegen im Kreuzgrund und im Sengesselloch und speisen die Aufbereitungsanlage Sengesselloch.
- - Dabei wird das Wasser von dort in die sog. Hochbehälter gepumpt, um den für die Wasserversorgung benötigten Druck von ca. 4 bar herzustellen. Diese Hochbehälter liegen über das Ziegelhäuser Gebiet verteilt, z.B. am Fuß des Köpfel oder weithin sichtbar auf dem Büchsenackerkamm.
Zum Thema Wasserqualität und Sicherheit der Versorgung
- - die Aufbereitung des Quellwassers verursache im Vergleich zum Wasserwerk Rauschen (dort wird das Wasser über natürliche Uferfiltrierung gereinigt) höhere Kosten
- - und zu unserem Erstaunen sei das weiche Quellwasser nicht unbedingt gesünder als das ‚harte‘ Wasser aus den Flach- und Tiefbrunnen der Rheinebene, da es eher arm an Mineralien sei
- - die Aufbereitung des ‚weichen‘ Quellwassers sei v.a. nötig, um einer Korrosion der Leitungen vorzubeugen
- - Die Wasserqualität wird zunächst durch die eingezäunten und regelmäßig kontrollierten Wasserschutzgebiete im Quellbereich gesichert.
Die Aufbereitung/Reinigung des Wassers
- - Das Quellwasser wird in den Buntsandstein-Stollen gesammelt (in ca. 8 m Tiefe) und dann über das natürliche Gefälle in die Aufbereitungsanlage geführt. Das Wasser braucht etwa 5-6 Wochen vom Eintritt in den Boden (per Niederschlag) bis zum Quellaustritt. Bei einem Starkregen kann das Wasser bereits nach 12 h austreten.
- - Im sog. zweistufigen Schriesheimer Verfahren wird das Wasser dann
zunächst über einen Quarzsandfilter geleitet zur Entfernung von Mikroorganismen und Trübstoffen
- - und anschließend durch einen Filter von körnigem Calciumkarbonat („Marmorkies“), so wird „künstlich“ ermöglicht, was in kalkhaltigen Böden (wie z.B. im Oberrheingraben) natürlicherweise passiert.
- - durch Rückführung eines Teilstroms werden zudem Aluminium- und Mangan-Ionen ausgefällt und abgeleitet.
- - Das Wasser wird abschließend mittels einer UV-Anlage desinfiziert (Schutz vor Viren und Keimen)
Neben dem komplexen System der Wasserversorgung interessierte uns natürlich auch das Thema des Wassersparens
- - Unterschiede beim Pro-Kopf-Verbrauch erstaunten uns:
125 Liter pro Kopf betrug der durchschnittliche Tagesverbrauch im Stadtteil Ziegelhausen im Jahr 2019 (Schlierbach lag im Vergleich dazu bei 228 Litern pro Kopf und Tag – dies ist auf Unterschiede bei der Gewerbestruktur zurückzuführen. Nur bezogen auf Haushaltskunden lag Schlierbach mit 133 ltr./Einwohner und Tag etwas höher als Ziegelhausen (116 ltr./Einwohner und Tag)
- - Hier diskutierten wir Möglichkeiten, den Verbrauch an kostbarem Trinkwasser zu senken. Das Sammeln des Regenwassers in Brauchwasser-Zisternen besonders als Gießwasser für den Garten, ist in den Trockenperioden absolut sinnvoll. Und darüber hinaus entlastet dies bei sog. Starkregen, der das Abwasserleitungssystem an seine Grenzen bringt.
- - Problematisch wirke sich dagegen allgemeines Wassersparen aus, da die Trinkwasserleitungen einen gewissen Durchfluss brauchten. Gehe der Wasserverbrauch der Haushalte zu stark zurück, müssten die Stadtwerke Heidelberg ihrerseits die Trinkwasernetze stärker spülen, was auf ein Nullsummenspiel hinaus läuft.
- - Insgesamt sei mehr Wasserdurchfluss gut, um die Qualität zu sichern: Wasser sollte fließen, das hätten bereits die „alten Römer“ gewußt.
- - die Teilnehmer empfanden die 2,68 EUR brutto (2,50 EUR netto) für einen Kubikmeter Trinkwasser bereits als extrem preiswert.
- - Zum Einrichten sog. Brauchwasserleitungen mit Anschluß an eine Regenwasserzisterne, die z.B. zur Toilettenspülung eingesetzt würden, als zweitem Versorgungssystem im Haus neben den Trinkwasserleitungen, betonte Herr Morlock die Wichtigkeit einer fachgerechten Ausführung, denn ein Eindringen von verunreinigtem Regenwasser in die Gebäudeinstallation muss unbedingt vermieden werden.
Vorbeugung gegen Gefahren und Versorgungsengpässe
- - Das Gespräch kam auch auf die Legionellen-Problematik:
Temperaturen im Warmwasserspeicher zwischen 25 °C und 55 °C stellen ideale Vermehrungsbedingungen für Legionellen (gesundheitsgefährdende Bakterien) dar. Es besteht insbesondere die Gefahr, Legionellen über Aerosole (z.B. beim Duschen oder Öffnen der Spülmaschine) aufzunehmen. Das technische Regelwerk empfiehlt daher, dass Warmwasser 1 x täglich auf mindestens 60 °C zu erwärmen.
- - Stagnation von Trinkwasser in der Kundeninstallation sollte vermieden werden: Nach längerer Abwesenheit (Urlaub) empfiehlt es sich, dass „abgestandene“ Trinkwasser in den Leitungen vor Gebrauch auszuspülen.
- - Mit einer Gruppe von 25 Mitarbeitern werden die Hochbehälter und Pumpstationen der Heidelberger Wasserversorgung sorgfältig überwacht und instandgehalten.
- - Die Trinkwasserversorgung von Ziegelhausen kann im Falle eines kompletten Stromausfalls mindesten 1 Tag weiter aufrechterhalten werden (bei normalem Trinkwasserverbrauch). Dennoch wird empfohlen für den Notfall vorzusorgen, z.B. auch vom Bundesamt für Katastrophenschutz: 2 l Trinkwasser pro Person und Tag und insgesamt 20 Liter pro Person sollte man als 10-Tage-Vorrat anlegen. Der Wasservorrat sollte regelmäßig ausgetauscht werden.
Schutz des Trinkwassers und Qualitätssicherung
Auf das Thema der sog. Spurenstoffe stießen wir im Zusammenhang mit dem für die Stadtwerke Heidelberg wichtigen Ziel „Schutz der Trinkwasserqualität“. Das Heidelberger Trinkwasser wird auf Basis der Trinkwasserverordnung durch regelmäßige Probenentnahme streng überwacht. Im Jahr 2019 wurden mehr als 1.400 Wasseranalysen vorgenommen.
Allerdings sind heute bereits über 135 Millionen Spurenstoffe aufgrund der immer besser werdenden Analytik feststellbar. Die Stadtwerke Heidelberg arbeiten zum Schutz der Trinkwasserqualität daher grundsätzlich eng mit Netzwerken von Trinkwasser-Experten sowie dem Gesundheitsamt und den Behörden zusammen.
Es ist dennoch kaum zu verstehen, dass Industriebetriebe heutzutage Abwässer ohne Angabe der jeweiligen Stoffe in unsere Flüsse einleiten dürfen. Die im Abwasser enthaltenen Chemikalien müssen also nicht deklariert werden, sondern nur die reine Abwassermenge bedarf der behördlichen Genehmigung. Die Wasserversorger fordern daher grundsätzlich eine noch bessere Regulierung, Transparenz und Überwachung durch die Behörden bei der Einleitung von industriellen und kommunalen Abwässern in die Flüsse. Dies ist für das Ziegelhäuser Quellwasser zum Glück eine zu vernachlässigende Größe.
Roselinde Schwalm
Brunnenstube und Rerservoir Sengesselloch
Der Kreuzgrundbach
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